Vorsicht vor dem Trugschluss „Mehr Risiko gleich Mehr Rendite“

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Bildquelle: Youtube: Oaktree Capital – The Memo: Risk Revisited Again

Als Leser von Blogs wie meinem ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Du Aktien und ETFs besitzt, und dass Du darüber hinaus mit Deinen Investments aus 2020 überdurchschnittlich gutes Geld gemacht hast.


Bildquelle: Google

Mittlerweile sind die Kurse für Unternehmen so schnell gestiegen, dass ich mich wieder fragen muss, „wann ist teuer einfach zu teuer?

Genau deshalb werde ich wieder sensibler, wenn es um das Rennen nach mehr Rendite geht und wenn einige aus meinem persönlichen Umkreis, die sonst nur wenig mit Aktien zu tun haben, auf einmal mehr und mehr Risiko eingehen.

  • Zum einen, weil die traditionellen Investments einfach nicht mehr die Rendite bringen, wie früher,
  • zum anderen aber, weil sie die Hoffnung haben, noch auf den Dogecoin Zug aufspringen zu können und ihre Chance sehen, in kurzer Zeit zum Millionär zu werden. „Ganz normale YouTuber, TikToker und Instagramer haben es ja auch geschafft…“.

Mehr Risiko gleich Mehr Rendite.

In dieser Situation, wo alle anderen vermeintlich innerhalb weniger Wochen über 500% Rendite machen und schon davon träumen am Ende des Jahres Millionär zu sein, versuche ich mich immer wieder daran zu erinnern was Risiko eigentlich bedeutet – so sehr man sich dabei in die Faust beißen muss.

Dabei sage ich nicht, dass Dogecoin & Co. nicht Teil einer Investmentstrategie sein kann. Sondern viel mehr, dass mehr Risiko eben nicht immer gleich mehr Rendite bedeutet.

Drei sehr interessante Konzepte gehen mir dabei durch den Kopf und helfen mir, mein tatsächliches Risiko besser einschätzen zu können.

Vielleicht entgeht mir dabei Rendite. Wenn ich jedoch damit mein Vermögen vor Verlusten schützen kann, getreu Warren Buffett’s Investmentgrundprinzip „Rule Number 1: Never Lose Money. Rule 2: Never forget Rule Number 1“, dann hat es sich bereits gelohnt für mich.

1. Das klassische Rendite-Risiko Diagramm

Die klassische Annahme für Investments ist, je mehr Risiko Du bereit bist einzugehen, desto mehr Rendite kannst Du realisieren. Im historischen Durchschnitt lag man damit sicherlich auch gar nicht so falsch. Aktien konnten tatsächlich eine höhere Rendite einfahren als z.B. Staatsanleihen, und gelten gleichzeitig als „risikoreicher“.

Dank des aktuellen Zinsumfelds und der Flut an Kapital, dass das selbe Angebot an Rendite jagt, hat sich das gesamte Renditespektrum nach unten beweget. So sehr, dass sogar zeitweise die als risikofrei geltende Staatsanleihe eine negative Rendite hatte.

Das heißt ein Investor – nach dem klassischen Verständnis – erhält nun weniger und vielleicht sogar eine negative Rendite bei jedoch gleichbleibendem Risiko.

Als Investoren nehmen wir das natürlich nicht so einfach hin und suchen uns einfach etwas, was in diesem Umfeld mehr Rendite bringt. Getreu dem Motto „Mehr Risiko gleich Mehr Rendite“ suchen wir uns einfach mehr Risiko.

Was kann schon schief gehen? 🙂

Wenn „Risiko“ genau so funktionieren würde, wäre ja alles gut. Nur leider erwischen wir als Investor nicht immer die erwartete Durchschnittsrendite je Risikoklasse.

Was ich damit meine bringt Howard Marks, ein sehr erfolgreicher amerikanischer Investor über den ich bereits geschrieben habe und dessen Memos ich Dir sehr empfehlen kann, mit einem einzigen Chart auf den Punkt.

2. Mehr Risiko bedeutet mehr mögliche Ergebnisse

Howard Marks sieht das klassische Risiko-Rendite Diagramm als irreführend. Denn wenn man sich sicher sein könnte, dass risikoreichere Investments zu mehr Rendite führen, dann können sie nicht risikoreicher sein.

Vielmehr sei das Konzept von Risiko: Je mehr Risiko, desto höher die erwartete Rendite plus desto größer die Bandbreite an möglichen Renditen.

Hier sein 3-minütiges Video als kurze Erklärung und hier sein Memo „Risk Revisited“ zum Nachlesen.

Hier Mal ein Beispiel, wie es für P2P Kredite als mögliches Investment aussehen würde. Ich gebe zu, dass ich P2P nun immer wieder für mich persönlich als kritisch sehe, aber es verdeutlicht sehr gut, dass mit dem Mehr an Risiko die erwartete und versprochene Rendite bei +/- 12% liegen mag, aufgrund des fehlenden Upsides die Bandbreite an möglichen Renditeergebnissen jedoch bis runter auf -100%, also ein Totalverlust, sein kann.

3. Survivorship Bias

Zu Guter Letzt, jetzt wohlwissend dass mehr Risiko durchaus mehr Rendite bedeuten kann, aber gleichzeitig eine deutlich größere Bandbreite an möglichen Ergebnissen mit sich bringt, versuche ich mir immer klar darüber zu sein, wer von diesen traumhaften Renditen berichtet.

Wenn du an die Rendite-Verteilung pro Risikoklasse von Howard Marks denkst, gibt es (und daran besteht kein Zweifel) Investoren, die

  • genau die erwartete Rendite erhalten haben,
  • mehr als die erwartete Rendite erhalten haben, und
  • weniger als die erwartete Rendite erhalten haben.

Es ist aber nur natürlich, dass deutlich mehr Personen über ihre Erfolge sprechen, als über ihre Misserfolge. Deshalb sehen Du und ich deutlich mehr Personen auf YouTube & Co., die von ihren 1000% Dogecoin-Renditen sprechen, als diejenigen, die damit Geld oder vielleicht sogar ihr Vermögen verloren haben.

Es wird vielleicht den einen oder anderen geben, der auch Mal über Verluste spricht. Der Großteil an Personen, die von ihren Ergebnissen berichten, kommt jedoch ganz klar aus dem „erfolgreichen“ Teil des Rendite-Spektrums.

In Kurze, ich halte mir immer vor Augen, wer da so von seinen traumhaften Ergebnissen berichtet, denn das Survivorship Bias deutet darauf hin, dass die andere Seite der Medaille, also diejenigen, die Geld verloren haben, nicht von sich berichten und somit eine sehr einseitige Darstellung der möglichen Rendite entsteht.

Fazit

Bei dem Ganzen Rennen nach mehr Rendite, FOMO, usw.: Mehr Risiko bedeutet nicht gleich mehr Rendite.

Mehr Risiko bedeutet die Chance auf eine höhere erwartete Rendite bei gleichzeitig steigendender Bandbreite an möglichen Ergebnissen.

Ich fand es für mich wichtig dieses Konzept nochmal so aufzuarbeiten und mich daran zu erinnern, wie viel und ob ich das „richtige“ Risiko in der heutigen turbulenten Zeit in meinem Portfolio liegen habe.

In diesem Sinne, weiterhin gutes Gelingen!

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Kommentare

2 Antworten zu „Vorsicht vor dem Trugschluss „Mehr Risiko gleich Mehr Rendite““

  1. Avatar von André Jacobi
    André Jacobi

    Hi Wolfgang,

    danke für die „Erinnerung“. Selbst mit ein wenig Erfahrung stelle ich immer wieder fest, dass ich diesen Zusammenhang auch gern mal verdränge oder nicht zu 100% auf dem Schirm habe. Dann beschäftige auch ich mich zeitweilig mit einer gewissen FOMO-Haltung mit Investments, die eigentlich gar nicht zu mir passen. (Meistens erinnert mich dann meine finale Investment-Strategie-Checkliste daran, dass die Idee nicht passt… Kann nur jedem empfehlen, sich so etwas zu basteln…)

    Danke für diesen sehr klar geschriebenen Artikel.

    1. Avatar von Wolfgang
      Wolfgang

      Moin André, danke für deinen Kommentar. Sich in Zeiten von Klarheit und Rationalität eine Art Investment-Grundsätze oder Checkliste zu erstellen und sich in emotionsgeladenen Zeiten wie heute sich an seine eigenen Grundsätze zu erinnern, finde ich auch sehr empfehlenswert! Etwas ähnliches sieht z.B. auch meine eigene Investitionsvereinbarung mit mir selbst aus.

      Magst du vielleicht ein paar für dich wichtige und nützliche Punkte deiner Investment-Strategie-Checkliste hier teilen? Das würde sicherlich den einen oder anderen auch interessieren.

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