Wie ich drauf komme.
76% der Deutschen glauben, dass das Eigenheim eine sichere Altersvorsorge ist. Knapp zwei Drittel (64%) sind sogar der Meinung, dass es die beste Altersvorsorge ist (LBS-Bayern).
Meine Eltern zählen mit Sicherheit auch dazu. Bereits seit 2003 sind sie nämlich stolze Besitzer eines Einfamilienhauses.
Wenn ich mir den Hauspreisindex des Statistischen Bundesamts anschaue, dann kann ich es auch gut verstehen. Die Preise für Ein- und Zwei-Familienhäuser sowie Eigentumswohnungen waren im Schnitt schon immer stabil, wenig volatil und seit Neuestem auch noch durchaus profitabel. Kein Wunder also, dass knapp drei Viertel aller Deutschen (72%) eine Immobilie auch noch für die beste Geldanlage halten.
Ich will an dieser Stelle gar nicht diskutieren, ob das Eigenheim eine gute Geldanlage oder Investition ist oder nicht. Dies muss jeder für sich selbst entscheiden, denn es kommt drauf an. Nicht nur ob es sich rechnet oder nicht, sondern weil es auch oft eine Lifestyle- und vielleicht sogar (für einen selbst) psychologisch wertvolle Entscheidung ist, die nicht in Zahlen gemessen werden kann.
Mir geht es in diesem Fall eher darum herauszufinden, ob die eigenen vier Wände wirklich so sicher sind, wie die meisten denken.
Eigenheim vs. MSCI World
Als Alternative zu Immobilien für die Altersvorsorge kommen für mich in erster Linie Aktien in Frage – gerade weil ich einen Anlagehorizont von theoretisch 40 Jahren und mehr habe. Klar gäbe es noch weitere Alternativen, aber Anleihen bringen für mich langfristig gesehen die schlechtere Rendite und sind zu sehr abhängig von Inflationsänderungen, Rohstoffe sind, anders als Immobilien und Unternehmen, nicht wirklich nachhaltig „wertschöpfend“ und Versicherungen sind halt eben Versicherungen, die eher darauf ausgelegt sind, selbst Geld zu verdienen.
Bleiben wir also erstmal bei Aktien für diesen Vergleich.
Einen Schritt weiter gedacht kommt für mich hauptsächlich der MSCI World in Frage, wenn ich mit meiner Altersvorsorge möglichst wenig Aufwand haben, aber dennoch ausreichend diversifiziert sein möchte. Dieser deckt knapp 85% der Aktienmarktkapitalisierung in 23 Industrieländern ab, ist kostengünstig als ETF zu haben, jederzeit handelbar und bietet langfristig eine attraktive Rendite. Genau das ist auch der Grund, warum ich meinem besten Freund den MSCI World als Sparplan empfohlen habe und ihn gleichzeitig als Benchmark für mein eigenes Portfolio nutze.
Nachfolgend die Wertentwicklung des MSCI World seit 2003 im Vergleich zum Hauspreisindex. Auch wenn ein solches Aktienpaket aus weltweit über 1.600 Unternehmen demnach deutlich volatiler ist, als das schöne Eigenheim mit Garten, hätte ich mir in meinem Fall als Altersvorsorge in jedem Fall den MSCI World gewünscht (+2,2% p.a. Wertsteigerung vor Inflation beim Eigenheim vs. 6,7% p.a. beim MSCI World).
Klar bin ich ein wenig voreingenommen, aber mal laut gedacht, warum das Eigenheim nicht zwangsläufig eine sichere und erst recht nicht die sicherste Altersvorsorge sein kann:
- Eine sichere Altersvorsorge muss mindestens den Wert meiner Einlagen halten, idealerweise auch noch für die Inflation ausgleichen. Die Immobilienpreise in Deutschland sind jedoch inflationsbereinigt über Jahrzehnte eher gesunken (siehe als Beispiel folgende FAZ-Grafik). Erst in den letzten Jahren gab es ein regelrechtes Aufholen und mittlerweile Überholen der Inflation.
- Eine sichere Altersvorsorge ist nicht gleich sicher, nur wenn der Kurs vermeintlich weniger volatil ist. Der Preisindex wird vom Statistischen Bundesamt quartalsweise erfasst. Wo jedoch kein tagesaktueller Preis und eine Vielzahl von Transaktionen, da auch nur ein schwammiger, „scheinbar“ stabiler Wert. Deutlich wird das, wenn man sich an der Börse gelistete Immobilienunternehmen (z.B. REITs) ansieht. Als Beispiel, hier der MSCI US REITs Index.
- Eine sichere Altersvorsorge sollte liquide sein. Vor allem Einfamilienhäuser in der Pampa werden jedoch nicht immer gehandelt oder sind im Schlimmstfall (z.B. in Krisenzeiten) überhaupt nicht veräußerbar. Möchte oder kann ich meine Immobilie nicht verkaufen, dann gibt es aber auch keinen Preis, der den Index nach oben oder unten bewegen kann. Das Risiko der nicht-Veräußerbarkeit oder eines 30%-igen Abschlags findet man im Index also gar nicht wieder.
- Als Bonus sollte für mich eine sichere Altersversorge schnell, unkompliziert und idealerweise in Teilen abrufbar sein. Ein Haus zu verkaufen ist jedoch nicht gerade einfach und schnell. Scheibchen kann ich mir davon auch nicht abschneiden. Der Vorteil eines Eigenheims ist sicher das mietfreie Wohnen (vorausgesetzt man ist schuldenfrei), was ich zumindest als „abrufbare“ Altersvorsorge zählen könnte.
Nachgerechnet
Ich kann es ja nicht lassen, Excel wieder anzuschmeißen.
Ich möchte nämlich wissen, mit wie viel Nettovermögen man nach 15 Jahren rechnen hätte können, wenn man sich 2003 entweder für ein Eigenheim oder für den MSCI World entschieden hätte. Ginge es um eine reine Altersvorsorge, wäre das ja die entscheidende Frage meiner Eltern gewesen.
Für das Eigenheim (egal ob Einfamilienhaus, Reihenhaus oder Eigentumswohnung) nehmen wir mal an:
- Kaufpreis €200.000 (2003)
- 3,5% Grunderwerbsteuer (damals hatten wir es noch gut) + 1,5% Notarkosten
- potentielle Maklerprovisionen vernachlässigen wir mal
- 80% Finanzierung mit 10-jähriger Zinsbindung zu 5,2% p.a., 2,0% anfängl. Tilgung
- Refinanzierung mit 10-jähriger Zinsbindung zu 2,8% p.a. (2013), 2,0% anfängl. Tilgung
Das bedeutet, dass beim Kauf der Immobilie €40.000 Eigenkapital investiert werden müssten. €10.000 sind zusätzlich nötig für Kaufnebenkosten, d.h. von Tag 1 an verringert sich mein Nettovermögen auf €30.000.
Für den Kredit werden in den ersten 10 Jahren €960 pro Monat (inkl. Tilgung) fällig; nach der Refinanzierung in 2013 €474. Die Tilgung und Wertzuwächse- bzw. Verluste des Eigenheims, die bei einem Verkauf realisiert werden könnten, werden dem Nettovermögen hinzugerechnet; Zinsen entsprechend abgezogen. Deswegen verringert sich auch das Nettovermögen anfangs, wenn der Marktwert des Eigenheims für eine Weile stabil bleibt.
Wenn das Eigenheim gemäß Hauspreisindex in 2018 für etwa €276.000 verkauft wird, stünden knapp €72.000 Nettovermögen auf der Uhr. Nicht gerade viel, nachdem 2003 €40.000 investiert und noch keine Inflation berücksichtigt wurde.
Die Frage ist natürlich jetzt, wie es aussieht, wenn ich mich zur selben Zeit für den MSCI World entscheide. Um es einfach zu halten nehme ich an:
- €40.000 plus €10.000, die für das Eigenheim nötig waren, werden 2003 in einen MSCI World ETF als Einmaleinlage investiert
- die für ein Eigenheim über 15 Jahre durchschnittlich gezahlten Zinsen und Tilgung (€792 pro Monat) werden anstelle dessen für die Mietwohnung gezahlt, somit wird kein zusätzliches Kapital investiert
Auch hier wird klar, dass das Eigenheim nicht unbedingt die sichere Altersvorsorge ist.
Denn zu den bereits vier oben genannten Punkten kommt hinzu:
Gerade weil das klassische Eigenheim meist nicht nur mit Eigenkapital gekauft wird, wird das Nettovermögen über die Zeit langsam von den zu zahlenden Zinsen aufgefressen. Erst wenn man schuldenfrei ist oder die Immobilie gewinnbringend wieder verkauft werden kann, sieht es wieder besser aus.- Noch wichtiger, ich habe bei der Berechnung nicht berücksichtigt, was das Eigenheim an laufenden Kosten mit sich bringt. Die Heizung, das Dach, usw. können ungeplant ausfallen bzw. müssen repariert werden. Nach 15 Jahren muss auch mal die Fassade neu gestrichen werden oder andere Dinge erneuert werden. Und selbst wenn man alles richtig macht, ist ein Einfamilienhaus mit 15 Jahren nicht mehr das neueste und entspricht vielleicht auch schon nicht mehr den Wünschen junger Käufer. Klar, der Indexfonds kostet auch etwas, aber bei dem iShares MSCI World betragen die jährlichen Kosten 0,20% (knapp €3.000 über 15 Jahre in diesem Fall). Diese Kosten sind jedoch berechenbar und fallen kaum ins Gewicht, wenn man es mit einem Eigenheim vergleicht.
WICHTIGE ERGÄNZUNG:
In dem Vergleich oben habe ich angenommen, dass Kreditzinsen das Vermögen verringern. Wenn man jedoch jemanden, der im Schnitt €792 Miete zahlt, vergleicht mit jemanden der den selben Betrag für Tilgung und Zinsen aufbringt, dann müssten sich diese Zahlungen gegenseitig aufwiegen. Schließlich muss man ja irgendwo wohnen. Das Einzige, was zu berücksichtigen wäre ist die Tilgung, die über die Zeit den ausstehenden Kredit verringert und damit das Nettovermögen erhöht (siehe Mortims Kommentar weiter unten).
Auf der anderen Seite sind wie gesagt noch keine laufenden Instandhaltungskosten, usw. berücksichtigt. Unterstellt man hierfür eine gewisse monatliche pauschale, dann kommt man dem Bild oben wieder sehr nahe. Und am Endergebnis ändert sich jedoch nichts. Es bleibt nämlich dabei, dass durch die Kostenunsicherheit (ungeplante oder über das Budget hinausgehende Instandhaltungskosten, Vorfälligkeitsentschädigungen, höhere Anschaffungskosten, höhere Verkaufskosten, usw.) das Eigenheim als Altersvorsorge nicht unbedingt sicherer ist als der MSCI World. Und je früher diese Kosten anfallen, desto mehr fallen sie dank Zinseszins im Vergleich ins Gewicht.
PS: Nachfolgend der Vergleich, wenn man die Zinsen für das Eigenheim wieder rausrechnet (ohne Berücksichtigung einer Instandhaltungspauschale und sonstiger Kosten beim Eigenheim).
Fazit
Ich finde das Thema Altersvorsorge sehr wichtig und gerade weil so viele denken, dass das Eigenheim, egal ob Haus oder Wohnung, so eine sichere Anlage ist, habe ich mir gedacht, dass ich das mal nachrechne. Für mich persönlich ist dieser Vergleich umso wichtiger, gerade weil sich meine Eltern vor 15 Jahren eher für das Eigenheim entschieden haben.
Aus diesem Experiment wird denke ich klar, dass das Eigenheim nicht unbedingt die „sicherste“ Altersvorsorge ist und hier ein ETF auf den MSCI World für mich die bessere Wahl wäre. In a Nutshell sind meine Gründe dafür:
- Immobilien haben inflationsbereinigt in Deutschland nicht wirklich viel gebracht (mit Ausnahme der letzten Jahre)
- Hauspreise sind deutlich volatiler als man denkt bzw. der Hauspreisindex einem vorgibt
- Immobilien sind deutlich illiquider und in manchen Situation vielleicht gar nicht veräußerbar
- Das Eigenheim lässt sich nicht schnell und auch nicht in Teilen verkaufen
Laufende Zinsen für den Kredit fressen bei einem Eigenheim über die Zeit Nettovermögen auf, vor allem in Zeiten von Stagnation- Laufende Instandhaltungskosten und Unvorhergesehenes können beim Eigenheim sehr teuer werden
Als Altersvorsorge bin ich also der Meinung, dass ein Indexfonds hier die sichere Alternative gewesen wäre und nach wie vor ist.
Wie gesagt, ob es eine gute Geldanlage ist oder eine gute Investition für einen selbst, ist dabei eine ganz andere Frage und kann von Mensch zu Mensch und auch Situation zu Situation ganz unterschiedlich ausfallen.
Wie siehst Du das, ist das Eigenheim eine sichere Altersvorsorge? Hast Du vielleicht sogar eigene Erfahrungen, die Du teilen kannst?
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