Wie ich ein diversifiziertes Portfolio für mich selbst umsetze
Ich gebe es zu, ich bin ein Freund von klaren Strukturen und deswegen hatte ich für mich ganz zu Beginn insgesamt 4 Vermögensstufen definiert. Diese Vermögensstufen möchte ich über die Zeit in einer bestimmten Relation und Priorität zueinander immer weiter ausbauen.
Zuerst stand das nötige Finanzpolster auf der Agenda. Meiner Meinung nach ist das die wichtigste Vermögensstufe, denn sie bildet das Fundament für alle darüber liegenden Stufen und noch wichtiger, für alle unerwarteten Lebenssituationen. Wie gesagt, es muss nicht viel Geld sein, aber genug, um laufende Kosten oder unerwartete Anschaffungen und Reparaturen decken zu können, sollte Mal etwas finanziell anders laufen als geplant.
Für mich habe ich das Thema Finanzpolster bereits abgeschlossen, sodass es weiter geht mit Stufe 2, dem diversifizierten Portfolio.
Weil ich selbst Startschwierigkeiten an dieser Stelle hatte und die Auswahl an möglichen Investments doch recht groß für ein solches Portfolio ist, berichte ich Dir, warum ich zu welcher Entscheidung gekommen bin und warum mein Portfolio so aussieht, wie es jetzt aussieht.
Mein größter Denkfehler zu Beginn
Unabhängig davon, dass man heutzutage sehr einfach und von zuhause aus in verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, Rohstoffe, Infrastruktur, usw. investieren kann, besteht heute auch noch der Luxus, dass man innerhalb von Anlageklassen wie Aktien z.B. auch gezielt in Value-, Wachstums-, Minimum Volatility oder Dividendentitel investieren kann.
Je mehr ich über die Zeit recherchierte, desto mehr Stellschrauben kamen jedoch für mein Portfolio auf.
Wie hoch ist der perfekte Anteil an Anleihen und Rohstoffen im Verhältnis zu Aktien? Welche geografische Allokation ist die beste? Nehme ich den gesamten Markt, oder doch vielleicht nur Large Cap Aktien oder Value Aktien oder Dividendentitel oder alles zusammen? Wann und wie viel investiere ich? Welche Fondsanbieter und –produkte sind die besten? Und, und, und.
Wenn man jetzt noch einen akademischen Ansatz fährt und alle nur erdenklich möglichen Strategien auf Basis historischer Daten testet, um die Strategie mit dem besten Rendite-Risiko Profil zu finden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man selbst nie anfängt zu investieren. Denn es mag ja noch die oder jene Strategie geben, die besser abschneidet. Oder noch schlimmer, man fängt an seine Strategie im laufenden Betrieb ständig umzuwerfen.
Ich schreibe hier aus eigener Erfahrung, da ich selbst oft recht perfektionistisch an solche Sachen herangehe, aber für mich erkannt habe: Es gibt nicht die perfekte Strategie, egal was andere sagen mögen. Es kommt meist eh anders als geplant und historische Wertentwicklungen sind sowieso keine Garantie für die Zukunft.
Ich habe also begriffen, dass es gar nicht darum geht das bestmögliche Ergebnis einzufahren und vielleicht sogar noch den Markt in irgendeiner Weise zu schlagen, sondern vielmehr darum von den Renditen der Märkte zu profitieren und möglichst (realisierte!) Verluste zu vermeiden.
Deswegen halte ich es für mich heutzutage so simpel wie möglich und so kompliziert wie absolut nötig. Zur Erinnerung, es geht hier um ein diversifiziertes Portfolio, das auch möglichst wenig Kosten, Verwaltungsaufwand, Zeit und Energie in Anspruch nehmen soll. Denn vor allem die Zeit benötige ich für die Vermögensstufe darüber, meine gezielten Einzelinvestments.
Lange Rede, kurzer Sinn.
Mein Diversifiziertes Portfolio
Diese Vermögenstufe bzw. dieses Portfolio musste für mich vor allem die folgenden Kriterien erfüllen:
- gut diversifiziert
- kostengünstig
- einfach zu verstehende Strategie
- 100% Aktien
- möglichst voll-replizierend (wo relevant und sinnvoll)
- möglichst ausschüttend (solange sinnvoll)
- [möglichst steuereinfach]
Um es kurz zu halten, Rohstoffe schließe ich für mich aus dem Grund aus, weil es für mich in die Kategorie Spekulation fällt. Wenn ein Barrel Rohöl auf $20 fällt, sage ich natürlich nicht nein. Es wäre jedoch dann Teil meiner Einzelinvestments, also der Vermögensstufe darüber.
Ebenfalls schließe ich momentan Anleihen aus. Grund dafür ist, dass Aktien zwar deutlich volatiler sein können, aber mit meinem langen Anlagehorizont und der aktuellen Niedrigzinsphase auch deutlich lukrativer als Anleihen.
Zu guter Letzt habe ich die Steuereinfachheit ausgeklammert. Ein Grund ist die Änderung durch das Investmentsteuergesetz ab 2018 (hier ein guter Artikel, der die Änderung gut zusammenfasst). Ein vielleicht noch viel wichtiger Grund ist jedoch, dass genau dieses oft diskutierte Thema mich immer wieder davon abhielt zu investieren, denn ich wollte ja alles richtig machen. Ich versuche zwar diesen Punkt weiterhin zu berücksichtigen, aber er soll mich definitiv nicht mehr zurück halten.
MSCI All Country World Index und gut ist?
Im Ergebnis wäre ein ETF auf den MSCI ACWI, der auf einen Schlag den gesamten Weltmarkt abdeckt, die einfachste Lösung. Leider stört mich dabei die nach Marktkapitalisierung gewichtete Allokation, sodass die USA über 50% des MSCI ACWI ausmacht. Darüber hinaus gibt es hier noch keine wirklich günstigen ETFs, wenn es nach der Total Expense Ratio (TER) geht.
Ein Schritt weiter gedacht wäre die Aufteilung in entwickelte und Schwellenländer, also MSCI World und MSCI Emerging Markets, denkbar. Was die Schwellenländer angeht, möchte ich gar nicht weiter bohren, denn sonst wird die Strategie wieder zu kleinteilig. Aber in Bezug auf den MSCI World passt mir immer noch nicht ganz, dass auch hier die USA mit knapp 60% Anteil vertreten sind.
Also gehe ich noch einen Schritt weiter und gelange zu meiner optimalen Aufstellung und damit zu den vier Bestandteilen meines diversifizierten Portfolios:
- Nordamerika
- Europa
- Pazifik
- Schwellenländer
Ein gutes Hilfsmittel für meine Überlegungen und diese finale Aufstellung war übrigens der MSCI ACWI und dessen Komponenten.
Mit also insgesamt vier ETFs kann ich recht gut die Gewichtung der einzelnen Bestandteile sinnvoll selbst bestimmen und dabei die Kosten meines Portfolios reduzieren, ohne dabei zu viele Stellschrauben zu haben und meine Strategie unnötig kompliziert zu machen.
Um meine vier Teilmärkte abzudecken, habe ich mich für die folgenden ETF-Produkte entschieden.
Nordamerika
Hier hatte ich zuerst die Wahl zwischen dem MSCI North America Index und dem FTSE North America Index. Leider hat hier die kostengünstigste Variante von Vanguard ein zu kleines Fondsvolumen ohne wirkliche Alternativen.
Eine gute Anlaufstelle um ETFs zu finden ist übrigens justetf.com
Die nächstbeste Lösung war deshalb für mich der MSCI USA, denn der Unterschied zu MSCI North America ist allein Kanada mit einem Anteil von etwa 5% (für mich also nicht wirklich wesentlich). Eine weitere Alternative wäre der S&P 500, aber dadurch, dass der MSCI USA zusätzlich zu den Large Cap auch in Mid Cap Unternehmen investiert (damit in 130 mehr Unternehmen), 85% statt 80% des Marktes abbildet und die ETF-Auswahl hier sehr gut ist, bleibe ich beim MSCI USA.
Und ich wurde fündig. Mein Steckenpferd ist der db x-trackers MSCI USA Index UCITS ETF (DR) 1C. Dieser ETF ist physisch replizierend, hat eine TER von aktuell nur 0.07% p.a., ist thesaurierend und verfügt über ein Fondsvolumen von über €3,3 Mrd.
Sold.
Wie Du wahrscheinlich schon weißt, gibt die Total Expense Ratio die laufenden Kosten für den Besitz eines ETFs wieder, genauer gesagt die laufenden Verwaltungskosten. Es gibt jedoch weitere interne Kosten, die nicht in der TER enthalten sind wie z.B. Kosten für die Neugewichtung bei physisch replizierenden ETFs oder Swap-Gebühren bei synthetischen ETFs. Um alle internen Kosten zu berücksichtigen schaue ich also, wenn verfügbar, eher auf die Tracking Difference, also die Differenz zwischen der erreichten ETF-Rendite im Vergleich zur Rendite des zugrunde liegenden Index. Ich fand hierfür diesen Artikel auf justetf.com recht hilfreich.
Europa
Diesmal bestand die Wahl zwischen dem MSCI Europe und dem STOXX 600. Aber auch hier ist die Entscheidung relativ einfach für mich, denn der STOXX 600 investiert in je 200 Large-, Mid- und Small Cap Unternehmen innerhalb 17 europäischer Länder und deckt damit knapp 90% des Marktes ab. Der MSCI Europe hingegen investiert in „nur“ 450 Large- und Mid Cap Unternehmen innerhalb 15 europäischer Länder und deckt damit 85% des Marktes ab.
Mein Steckenpferd hier wurde der iShares STOXX Europe 600 UCITS ETF (DE). Dieser ETF ist physisch replizierend, hat eine TER von 0.20% p.a., ist ausschüttend mit Fondsdomizil in Deutschland (bedeutet also in jedem Fall steuereinfach) und verfügt über ein Fondsvolumen von über €6,1 Mrd. Außerdem fällt die positive Tracking Difference (im Factsheet ausgewiesen) auf, die im Vergleich zu anderen ETFs die TER rechnerisch wieder etwas reduziert. Möglich ist dies zum Beispiel durch Erträge aus Wertpapierleihgeschäften, die der Fonds erwirtschaftet.
Pazifik
Hier musste ich aufpassen, dass es zu keinen Überschneidungen mit den nachfolgenden Schwellenländern kommt, denn 93% des MSCI Asia Pacific Index entfallen auf Japan, China, Australien, Süd Korea und Taiwan von denen wiederum China, Süd Korea und Taiwan zu den Schwellenländern zählen. Für mich interessanter ist also der MSCI Pacific, der in Japan, Australien, Singapur, Hong Kong und Neuseeland investiert.
Diese Idee verwerfe ich jedoch relativ schnell, denn der einzige ETF auf den MSCI Pacific wird von ComStage angeboten, ist mit einer TER von 0,45% p.a. recht teuer, mit ca. €250 Mio. Fondsvolumen recht klein und auch noch Swap-basiert. Weil dieser Teil meines Portfolios sowieso nicht mehr als 10% ausmachen würde und ich nicht auf einen Japan-ETF setzen möchtet (Japan macht etwa 70% des MSCI Pacific aus), war es das erst Mal für mich.
Sobald ich jedoch ein geeignetes Produkt für den Pazifik finde, ziehe ich hier meine Strategie nach. Bis dahin wird Japan & Co. vielleicht höchstens Teil meiner Einzelinvestments.
Schwellenländer
Für diesen Teil greife ich zum Klassiker MSCI Emerging Markets, für den es auch eine reichliche (zwar nicht immer günstige) Auswahl gibt. Nach längerem hin und her bin ich bei einem ETF von Amundi stehen geblieben, der nicht physisch replizierend, sondern Swap-basiert ist. Obwohl ich eigentlich kein Fan von Swap-basierten ETFs bin, mache ich hier eine Ausnahme und das hat zwei wichtige Gründe.
Zum einen machen Schwellenländer nur einen kleinen Teil meines Portfolios aus, aber noch viel wichtiger ist der Punkt, dass ein solcher ETF, wenn physisch replizierend, in Märkte und Unternehmen investiert, die nicht immer liquide genug oder überhaupt investierbar sind. Physisch replizierende Fonds nutzen daher auch gern mal ein optimiertes Sampling und keine vollständige Replikation. Ein Swap-basierter ETF kommt daher meiner Ansicht nach näher an den abzubildenden Index heran was die Rendite angeht und kann dabei auch noch günstiger sein als ein Fonds, der in alle 837 Werte investieren muss.
Mein Steckenpferd hier ist also der Amundi ETF MSCI Emerging Markets UCITS ETF EUR. Dieser ETF ist wie gesagt synthetisch, hat eine TER von 0.20% p.a., ist thesaurierend und verfügt über ein Fondsvolumen von über €2,8 Mrd.
35:35:10:20
Jetzt, wo ich vier (bzw. drei) ETFs in meinem diversifizierten Portfolio habe, geht es an die Gewichtung. Hier mache ich es recht einfach: Nach dem Bruttoinlandsprodukt sind die USA und Europa etwa gleich auf, Schwellenländer möchte ich mit max. 20% gewichten, den Pazifik mit max. 10%.
Fertig.
Schon habe ich die folgende Gewichtung:
- 35% Nordamerika
- 35% Europa
- 10% Pazifik
- 20% Schwellenländer
So einfach kann es manchmal sein.
Fazit
Ich habe aufgehört, die Sache komplizierter zu machen als sie wirklich sein muss und werde mich zum Beispiel auch nicht penibel an diese Gewichtung halten, solange sie durch Nachkäufe einigermaßen dem entspricht, was ich mir vorgegeben habe. Wie anfangs gesagt, es geht hier darum, dass ich an den Renditen des Marktes beteiligt sein möchte und dabei die Kosten und Verluste durch die richtige Produktauswahl und Diversifikation als auch meinen Energie- und Zeitaufwand möglichst gering halte.
Ich hoffe mein Ansatz und meine Erkenntnis auf dem Weg bis hier hin haben Dir ein wenig geholfen auch an deinem diversifizierten Portfolio und damit auch an Deiner zweiten Vermögensstufe zu arbeiten.
Lass mich gerne in den Kommentaren wissen, was du von diesem Ansatz hältst und wie vielleicht Deine eigene Strategie aussieht. Bis dahin, Cheers.
UPDATE: Für die Eltern meines besten Freundes habe ich mein diversifiziertes Portfolio auch als Sparplan aufgesetzt. Alle Details hierzu findest du hier.
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