100 Prozent in Aktien ja, aber nicht um jeden Preis und zu jeder Zeit.

LESEZEIT 4 MIN

Die aktuelle Marktsituationdie Zentralbanken lassen Aktien und Immobilien künstlich weiter auf neue Rekordhöhen steigen, die Leitzinsen sind bei oder nahe der Null, der Handelsstreit zwischen USA und China hält an, ein Krieg mit dem Iran steht vielleicht kurz vor der Türbringt mich immer wieder zum Nachdenken was meine Portfoliostrategie angeht.

Auch Artikel wie der zuletzt von Tim Schäfer mit dem Titel „Mein Mantra: Früh aggressiv zu 100 Prozent in Aktien und gut ist“ bringen mich zum Grübeln.

Sicher, wenn jemand einen Anlagehorizont von 50 Jahren hat und über diese Zeit monatlich €100 in ein diversifiziertes Marktportfolio steckt, der braucht sich nicht um Marktturbulenzen großartig kümmern.

Wie schaut sieht es jedoch mit denjenigen aus, die stattdessen

  • einen Anlagehorizont von eher 20 bis 30 Jahren haben
  • monatlich €2.500 bis €5.000 investieren können/wollen
  • die vielleicht €50.000 bis €150.000 in Tagesgeld parken oder
  • ihr Portfolio weitestgehend in der Hochphase der letzten Jahre aufgebaut haben?

Auch wenn ich durchaus zu denen gehöre, die einen Anlagehorizont von mindestens 20 bis 30 Jahren haben, gehöre ich leider auch zu denjenigen, die erst seit 2015/16 ihr Portfolio aktiv aufbauen.

Ich befinde mich also in einer Zeit, in der es mir nicht ganz egal ist, zu welchen Preis ich mein Portfolio erwerbe, weil es um mehr als die €100 im Monat geht, und habe gleichzeitig begonnen in einer Zeit zu investieren, in der viele eigentlich den nächsten Marktcrash erwartet hatten (der S&P500 fiel von Juli 2015 bis Februar 2016 um 14%), bevor es dann für weitere 4 Jahre kräftig nach oben ging.

Warum mache ich mir Gedanken zu meiner Portfoliostrategie, wenn ich doch kein Fan von Marketing Timing bin?

Ich schreibe ja immer wieder, dass ich kein Verfechter des Market Timings bin. Es ist schlichtweg unmöglich den Markt vorherzusagen.

Bedeutet das aber, dass ich den Markt, ein Unternehmen, ein Produkt, einfach so blind kaufen sollte, ohne jemals auf das Preisschild zu schauen oder mir zumindest mal vorher die Katze im Sack anzusehen?

Wenn es nach mir geht nein!

Denn für mich steht die Minimierung des Risikos eines permanenten Kapitalverlusts immer im Vordergrund.

Wenn Du denkst, dass bei einer Buy-and-Hold Strategie es an sich doch kein Risiko geben dürfte, erst Recht nicht, wenn man doch einen Anlagehorizont von mindestens 10 Jahren und mehr hat, dann verdeutlicht hoffentlich die folgende kleine Auswertung, dass das Risiko auch dann noch besteht.

Ein Blick in die Vergangenheit

Vor allem weil die meisten Indexinvestoren auf den MSCI World setzen, nehme ich mal an, dass die meisten damit auch eine US-Allokation von über 60% besitzen. Daher der nachfolgende Fokus auf den S&P500 als Benchmark für die USA.

Eingangs sagte ich, dass für mich das Risiko eines permanenten Kapitalverlusts auch bei einer Buy-and-Hold Indexstrategie besteht. Auch wenn nicht zu 100% vergleichbar mit einem unwiderruflichen Verlust des Kapitals, entspricht für mich ein anhaltender Buchverlust von mehr als 5 Jahren ebenfalls einer Art permanenter Kapitalverlust.

In der Zeit kann ich nämlich

  1. das Kapital weder verlustfrei abziehen und anderweitig verwenden,
  2. noch erwirtschaftet das es in der Zeit eine Rendite.

Ich habe mir deshalb eine Hand voll der größten Marktcrashes in den USA herausgesucht und geschaut, wie lange es eigentlich gedauert hat, bis man wieder bei +/- 0 rauskommt.

Denn wenn wir uns aktuell tatsächlich in einer heißen Phase befinden und der Markt 2020 oder 2021 den Bach runter geht, würde ich gerne wissen, wie lange es dauern könnte, bis ich wieder im Plus bin.

Das Ergebnis fällt leider nicht so rosig aus:

1929

Der Black Thursday leitet die Große Depression der 30er ein. Der US-Aktienmarkt bricht über 3 Jahre um 86% ein! Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass zu der Zeit auch die härtesten Investoren mit sich zu kämpfen hatten.

Wer jedoch zum Hochpunkt investiert hat und ein harter Buy-and-Hold Investor war, musste ganze 25 Jahre warten, bis ein neues Hoch erreicht wurde. 25 Jahre!

Berücksichtigt man Dividenden und die vergangene Inflation, waren es (1937 als kurzzeitiges neues Zwischenhoch außen vor) etwa 16 Jahre. Immer noch ein Weilchen.

1937

Die Große Depression hält weiter an. Nachdem der Markt sich auf den Weg der Regeneration gemacht hatte, bricht er 1937 wieder ein und verliert über 5 Jahre 58%.

Wer 1937 in den Markt einstieg, brauchte diesmal „nur“ 9 Jahre um wieder bei +/- 0 rauszukommen.

ABER …

1946

Das Ende des zweiten Weltkriegs führt unter anderen aufgrund des Wegfalls der immensen Kriegsinvestition der vorangegangenen Jahre in eine weitere Rezession. Der Markt fällt über 3 Jahre um 27%.

Ab hier braucht es etwas mehr als 4 Jahre bis sich die Verluste wieder erholt haben. Wer jedoch 1937 in den Markt einstieg und 1946 bei dem kleinen Plus nicht verkaufen wollte, durfte dann mehr als 13,5 Jahre warten, bis er wieder eine schwarze Null im Depot sehen durfte.

1968

Es gibt einen weiteren Rücksetzer, der Markt verliert 33% über 2 Jahre.

Die Erholung dauert aber erstmal „nur“ 3,5 Jahre.

1972

Die Erholung nach 1968 ist von kurzer Weile, denn die Ölkrise sorgt für einen Verlust von 46% über die nächsten 2 Jahre.

Die Erholung dauert diesmal über 7,5 Jahre und wer das Pech hatte in 1968 eingestiegen und das kleine Plus in 1972 nicht mitgenommen zu haben, der durfte knapp 12 Jahre warten.

2000

Der Crash der Dot Com Blase führt zu einem Verlust von 45% über 3 Jahre.

Dadurch, dass 7 Jahre später die Finanzkrise dazwischen grätscht, soll die Erholung diesmal über 12,5 Jahre dauern!

2007

Zu guter Letzt die Finanzkrise. Über knapp 2 Jahre verliert der Markt 53%.

Stimuliert durch die Nullzinspolitik der Zentralbank dauert die Erholung „zum Glück“ nur knappe 5,5 Jahre.

Datenquelle: Yahoo! Finance / log(S&P500)

Jahr Historie  Kursrückgang Erholung (in Jahren)
1929 Black Thursday -86% 25,1
1937 Die Große Depression (fortg.) -58% 9,2 (13,6*)
1946 Nachkriegszeit -27% 4,3
1968 Sonstiges -33% 3,4 (11,7**)
1972 Ölkrise -46% 7,6
2000 Dot Com Crash -45% 12,6
2007 Finanzkrise -53% 5,4

*wenn 1946 nicht verkauft wurde   **wenn 1972 nicht verkauft wurde

In den genannten Fällen habe ich die Inflation außen vor gelassen, welche in der Vergangenheit durchaus auch mal zweistellige Raten erreicht hatte. Inflationsbereinigt fiel die Erholungsphase dementsprechend in allen Fällen wohl noch länger aus.

202X

Bevor jetzt jeder mit dem Finger zeigt und erklärt, dass ja niemand 100% seines Portfolios genau zum Markthoch gekauft haben kann und dass heute ja alles anders sei, sollten wir vielleicht alle mal überprüfen wie unser Portfolio mit Kursrückgängen von 40-60% und Erholungsphasen von 4-12 Jahren umgehen würde.

Ich selbst kann nicht vorhersehen, wann der nächste Marketcrash kommen wird. Die nächste Marktkorrektur kommt jedoch mit absoluter Sicherheit (Buchempfehlung an der Stelle The Little Book of Common Sense Investing von John C. Bogle).

Deswegen ist es für mich mehr als sinnvoll sich zu überlegen, ob das Risiko des permanenten Kapitalverlusts mittlerweile überwiegt und das Portfolio dementsprechend wetterfest gemacht werden sollte.

Schlusswort

Ich denke Investoren sollten sich immer vor Augen halten, dass der Markt zwar durchaus auch die größten Krisen überlebt, ABER die Erholung gerne mehr als ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen kann für den Teil des Portfolios, der zum oder kurz vor dem letzten Markthoch erworben wurde.

Deshalb beschäftige ich mich aktuell viel damit, mein Portfolio für die verschiedenen Phasen der Marktzyklen zu rüsten.

Darauf werde ich aber in einem anderen Artikel näher eingehen, bis dahin musst Du Dich ein wenig gedulden 🙂

PS: Wenn du selbst mit den Daten spielen möchtest, findest du auf Yahoo! Finance die Historie für den S&P500. Für meine Auswertung habe ich die monatlichen Werte genutzt. Yahoo bietet auch Werte für den S&P500 Total Return (inkl. Dividenden), jedoch leider nur ab 1988.

Es scheint jedoch doch noch eine andere Quelle zu geben, die sowohl historische Dividenden sowie die Inflation berücksichtigt, und das ab 1900. Danke Maschinist! Nachfolgend der interaktive Chart.

Die Kernaussage bleibt jedoch die gleiche: Auch Buy-and-Hold birgt durchaus das Risiko des quasi-permanenten Kapitalverlusts, welches nicht außer Acht gelassen werden darf.

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Kommentare

13 Antworten zu „100 Prozent in Aktien ja, aber nicht um jeden Preis und zu jeder Zeit.“

  1. Avatar von Georg

    Moin Wolfgang,

    ich habe mal eine ähnliche Untersuchung durchgeführt, und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass sehr schwere und lange Krisen wirklich selten sind. Der vorletzte Chart in folgendem Artikel beinhaltet jede Korrektur seit 1900 und sortiert diese nach maximalen Verlust und Dauer in Monaten bis zur Rückkehr zum alten Stand: https://www.finanzen-erklaert.de/chancen-und-risiken-von-aktien/

    Aber klar, ab und zu erwischt es einen richtig. Insbesondere die Weltwirtschaftskrise in 1929 kann einem Angst machen. Ich glaube aber auch, dass die Menschheit aus den vergangenen Krisen gelernt hat und sich diese daher nicht so schnell wiederholen werden. Beispiel: ich bin beruflich bedingt sehr gut mit der Regulatorik für Banken vertraut. Wenn man sieht welche Vorschriften Banken heutzutage als Reaktion auf die Finanzkrise erfüllen müssen, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass die nächste Krise wieder eine Finanzkrise wird. Auch die Ursache für die Weltwirtschaftskrise (massiver Kauf von Aktien auf Pump für jedermann) wäre heute so nicht mehr möglich. Die nächste grosse Krise wird meiner Meinung nach womöglich durch ein externes Ereignis ausgelöst, das der Mensch nicht kontrollieren kann (Umweltkatastrophe, Epidemie). Aber man soll den Teufel auch nicht an die Wand malen.

    Gruß
    Georg

    1. Avatar von Wolfgang
      Wolfgang

      Hi Georg, danke für den Link, ein wirklich interessanter Artikel mit spannenden Auswertungen.

      Ich bin zwar Optimist, aber ich glaube leider nicht daran, dass die Mensch genug aus der Vergangenheit lernen. Bereits gemachte Fehler werden vielleicht vermieden, aber das Spielfeld ändert sich stetig und es entstehen Situationen, die einem anderen Muster folgen, als denen, die es in der Vergangenheit gab. Deswegen wird es auch in Zukunft immer wieder zu Übertreibungen am Markt und schließlich zu Marktcrashes und Krisen kommen. Diese heißen dann einfach anders.

      Der Auslöser dabei ist an der Stelle fast schon egal, denn das ist meist nur der Zünder für das, was anderswo an Brennmaterial schlummert. Aufgrund einer lang anhaltenden Nullzinspolitik baut sich meiner Meinung nach ein nicht unerhebliches Brennmaterial im Anleihemarkt zusammen. Die EZB hat dafür gesorgt, dass sich nicht nur Staaten, sondern auch Unternehmen so günstig wie noch nie sich am Markt finanzieren können, sodass das Volumen insgesamt signifikant gestiegen ist, aber gleichzeitig auch der Anteil an risikohafteren Anleihen. US-Anleihen mit einem BBB Rating (das unterste Ende von Investment Grade) macht mittlerweile so viel aus wie 2007 der gesamt Anleihe-Markt! Schlimmer noch, je nachdem wem man glaubt, werden viele dieser Unternehmen/Anleihen mit einem BBB-Anleihen nachgesagt, dass sie eigentlich zu euphorisch bewertet werden und sie „normalerweise“ gar nicht BBB erreichen hätten dürfen (also aus Investorensicht als Junk einzustufen wären).

      Es wird also eine spannende Zeit. Der Auslöser dabei ist wie gesagt meiner Meinung nach fast schon egal, denn es ist nur eine Frage der Zeit. Die Frage ist eher, was passiert, wenn der Anleihe-Markt sich extrem abwertet und gleichzeitig dann auch die Überbewertung am Aktienmarkt wieder zurück zum Mittelwert fällt (und was weiß ich was noch eine starke Korrektur erfährt). Welche weiteren Zusammenhänge ziehen sich dann weiter in die Tiefe, vor allem wenn eine Senkung der Zinsen nicht wirklich mehr möglich ist.

      Aber genug der Schwarzmalerei 😀

    2. Avatar von Georg

      Uiuiui, vielleicht hab ich doch zu viel Teufel an die Wand gemalt? Ich hoffe nicht!

  2. Avatar von Jo
    Jo

    Toller Artikel, Wolfgang!
    Alles sehr wichtige Punkte, über die man sich im Klaren sein muss. Auch als Langfristinvestor.
    Damit man nur so viel in Aktien investiert, wie man bei einem Crash und Verlust über viele viele Jahre tolerieren kann, nicht nur finanziell, sondern auch gefühlsmäßig.
    Hat nichts mit Schwarzmalerei zu tun, sondern einfach due dilligence.

    Du schreibst im Kommentar „auch die Überbewertung am Aktienmarkt wieder zurück zum Mittelwert fällt“

    Daher möchte ich Euch BEIDE mal fragen, ob Ihr wisst, wie die Total Return Rendite von S&P 500, MSCI World und/oder Eurostoxx 600 wäre, wenn diese Indexes auf ihren Mittelwert fallen würden.
    Falls es also keinen Crash gibt, sondern die Unternehmensgewinne auf dem aktuellen Niveau bleiben, aber die Märkte einfach weniger optimistisch sind und zum Mittelwert wollen.
    Dies erscheint mir sinnvoll und müsste doch auch einfach zu errechnen sein, aber ich finde nichts dazu. Vielleicht habe ich die falschen Suchbegriffe.

    Keine Ahnung, wie die Research Affiliates auf ihre Berechnungen mit Fundamentaldaten kommen, aber die gehen von einer langfristigen realen Rendite bei S&P 500 von -0,9% und bei MSCI Europe von 4% aus. Ich vermute, dass sie hier von einem Rückgang der Bewertungen zu Mittelwerten ausgehen, aber auch noch andere Faktoren berücksichtigen. https://interactive.researchaffiliates.com/asset-allocation#!/?currency=USD&model=ER&scale=LINEAR&terms=REAL

    1. Avatar von Wolfgang
      Wolfgang

      Hi Jo, eine gute Frage. Leider ist die wenn du mich fragst gar nicht so einfach zu beantworten. Der „Mittelwert“ ist ja leider nicht einfach ein bloßer Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte. Die Bewertung von Aktien mal als Beispiel: Während in Zeiten hoher Inflation ein P/E Multiple von 10-15 vielleicht „normal“ wäre, ist in der heutigen Zeit für die nächsten 10-20 Jahre vielleicht 20 das „Normal“.

      An der Stelle kann ich dir jedoch sehr das Buch The Little Book of Common Sense of Investing von John C. Bogle ans Herz legen. John Bogle beschreibt darin recht gut, dass der Total Return grds. aus 3 Komponenten besteht:

      • der Dividendenrendite,
      • dem Gewinnwachstum und
      • einer spekulativen Rendite (Veränderung des P/E Multiples).

      In der Vergangenheit (1900-2016) lag die Dividendenrendite für den S&P500 bei 4,4%, das Gewinnwachstum bei 4,6% und die spekulative Rendite bei +0,5% (insgesamt also 9,5% p.a. im Schnitt). Für die nächsten 10 Jahre (Stand 2017) sieht Bogle jedoch nur 2% Dividendenrendite, 4% Gewinnwachstum und -2% spekulative Rendite (Rückgang des P/E Multiples von 23.7 auf 20.0). Heißt das, dass das 20-fache in der Zukunft das „Normal“ ist und die zu erwartende Rendite bei 4% p.a. liegt? Wahrscheinlich nicht. Es ist leider nach wie vor zum Großteil ein Blick in die Glaskugel. Aber vielleicht hilft dir ja die Unterteilung in diese 3 Renditekomponenten, denn damit ließen sich ja durchaus verschiedene Szenarien durchspielen.

      Eine gute Quelle für historische Bewertungen des S&P500 ist übrigens: https://www.multpl.com/s-p-500-pe-ratio

  3. Avatar von Maschinist

    Hi.
    Dein angesprochener Punkt, bei der langfristigen Betrachtung keine Dividenen berücksichtigt zu haben, verfälscht Dein Ergebnis stark.

    Hier kannst Du Dir für jeden Anlagezeitraum die Werte in Chartform mit Dividenden (oder mit/ohne Inflation) ausgeben lassen:
    https://freiheitsmaschine.com/aktienmarkt-rechner-rendite-performance/

    [direkte Quelle: https://thume.ca/indexView/#%5D

    Beim wirklich unschönen Crash von 1929 war man inkl. Dividenden z.B. nach Deinen angesprochenen 25 Jahren nicht bei Null sondern schon mehr als 400% im Plus und der Nullpunkt war „schon“ mehr als eine Dekade zuvor erreicht.

    An diesem Punkt im Weltkriegsjahr 1943 war die Bewertung des US-Aktienmarktes dann so niedrig, dass die jährliche Dividende des ganzen S&P500 mehr als 7% im Jahr betrug.
    Anfang der Dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts gab es zusätzlich auch eine starke Deflation, dass heißt der Geldwert nahm zu und die Kurse fiehlen dadurch „in Geld ausgedrückt“ noch stärker.

    In den restlichen Zeiträumen ist der Einfluss zwar schwächer aber immer noch eklatant und ich würde das beachten, um mich von einem möglichen Crashszenario weniger beeinflussen zu lassen.

    Schönen Tag
    Maschinist

    1. Avatar von Wolfgang
      Wolfgang

      Grüß dich Maschinist, danke die für die zusätzliche Datenquelle! Sehr hilfreich.

      Wie du 25 Jahre nach 1929 (i.e. in 1954) auf „mehr als 400%“ kommst, ist mir nicht ganz klar. Der S&P500 (inflationsbereinigt und inkl. Dividenden) steht 1954 dem Chart zufolge bei etwa 150% im Plus, wenn man 1929 im Peak gekauft hätte. Definitiv besser als 0%! 😀 Aber die Erholung dauert in dem Fall (der zwischenzeitliche kleine Peak 1937 außen vor) immer noch knapp 16 Jahre. Also immer noch eine gute Weile.

      Eine „starke Verfälschung“ würde ich es deshalb nicht nennen und auch an anderen Stellen ändert sich die Schlussfolgerung wenig. Unter Berücksichtigung der ausgeschütteten Dividenden und der Inflation durften sich z.B. Peak-Investoren aus 2000 die gleichen knapp 13 Jahre erholen.

      Du hast vollkommen Recht, dass die Dividende nicht außer Acht gelassen werden darf und dank dir haben wir nun auch eine Quelle für die Periode ab 1900, die sowohl Dividenden als auch die Inflation berücksichtigt.

      Die Kernaussage bleibt jedoch die gleiche und darum geht es mir unterm Strich: Auch Buy-and-Hold birgt durchaus das Risiko des quasi-permanenten Kapitalverlusts, welches nicht außer Acht gelassen werden darf.

  4. Avatar von Smartinvestor
    Smartinvestor

    „Die nächste Marktkorrektur kommt jedoch mit absoluter Sicherheit…“

    Genau. Das zeigt gut das hohe Risiko auf, das wagemutige reine Aktienanleger heute eingehen. Solche Krisen sind in größeren Zeitabständen in allen Märkten völlig normal. Ihr Ablauf ist trotz unterschiedlichster, i.d.R. unerwarteter Auslöser ähnlich regelmäßig. Denn die meisten Marktteilnehmer verhalten sich in der Masse als Herde ähnlich irrational, willenlos irregeführt von ihren angeborenen Denk- und Verhaltensfehlern.

    Die hat die Verhaltensökonomie alle gut erforscht und gehören mittlerweile zum Allgemeinwissen kompetenter Anleger. Spätestens seit dem schon Anfang 2019 mit rund 90 Jahren verstorbenen guten alten John C. Bogle.

    Daher stimmt folgende Aussage nur bedingt:
    „Es ist schlichtweg unmöglich den Markt vorherzusagen.“

    Die Begründung des Wirtschaftsnobelpreises 2013 bringt das m.E gut verständlich auf den Punkt und differenziert die sehr wichtigen Bedingungen:
    „There is no way to predict the price of stocks and bonds over the next few days or weeks. But it is quite possible to foresee the broad course of these prices over longer periods, such as the next three to five years.“
    https://www.nobelprize.org/prizes/economic-sciences/2013/press-release/

    Schon seit Jahrzehnten gibt es daher zur gezielten Ausbeutung dieser wertvollen Erkenntnis eine bewährte Anlageklasse. Mit der konnte man diese Krisen nicht nur knapp überstehen, sondern davon sogar meistens kräftig profitieren!

    Die zu Aktien unkorrelierte „Time Series Momentum“- bzw. gute alte Trendfolge-Strategie mit „Managed Futures“ (MF) ermöglicht das durch „Crisis Alpha“. Das ist während der stärksten Kriseneinbrüche i.d.R. sogar negativ zu Aktien korreliert und sprudelt dann umso mehr, je tiefer der Einbruch ist.

    Wer damit sein Aktiendepot diversifiziert, dem können Einbrüche gar nicht tief und häufig genug kommen. Denn damit kann man seine Gesamt-Portfoliorendite im Vergleich zum reinen Aktienanteil absolut und risikogewichtet um einstellige Prozentpunkte signifikant nach oben hebeln und Einbrüche im Depotwert glattbügeln. Daher kann die Beschäftigung damit in mehrfacher Hinsicht sehr lohnend sein.

    Die wissenschaftliche Fundierung dieses statistischen Krisenschutzes ohne Mehrkosten findet der „Finanzwesir“ auch gut:

    „Die Frage:
    „Can long-only equity portfolios be completely shielded from crises (drawdowns and recessions) implementing times series momentum with futures?“
    Kennen wir vom Smartinvestor. Was sagt die akademische Forschung: Klappt ganz gut.“
    https://www.finanzwesir.com/blog/wochenueberblick-kw36-2019

    Ich habe in meiner großen SWR-Trilogie u.a. dazu einen Übersichtsbeitrag geschrieben. Und zwar wie man damit seine gesamte Geldanlage vom Anfang bis zum Gebrauchsende durchgängig rentabler und sicherer machen kann. Dabei kann sie auch noch vereinfacht werden. Denn damit wird es u.a. kein endloses Hin- und Herüberlegen zu besseren oder schlechteren Anlagezeitpunkten jeglicher Neuanlagebeträge mehr geben, und man kann durchgängig sorglos investiert bleiben:
    https://frugalisten.de/entsparen-shiller-cape/#comment-74846

    Diese wirksamste aller Diversifikations-Strategien gibt es seit kurzem auch sehr kostengünstig und sicher als MF-ETF, z.B. des JP Morgan Managed Futures (MF) ETF, WKN A2DWRZ, siehe bei justETF:
    https://www.justetf.com/de/etf-profile.html?isin=IE00BF4G7290&productGroup=epg-activeEtfs

    Damit entfällt auch das bei aktiven MF-Fonds bisher unbedingt zu beachtende Managerrisiko. Man kann mit diesem innovativen ETF also mit höchster Sicherheit den anktienähnlich hohen und riskanten alternativen Ertrag aus dem seit Jahrhunderten höchst robusten alternativen Trend-Risikofaktor erhalten.

    Damit beginnt viele Jahre nach den USA jetzt auch in D endlich die Demokratisierung der sinnvollen Investition in segensreiche alternative Risikofaktoren. Das dürfte ein ähnlicher Erfolg werden, wie die Demokratisierung des traditionellen Marktrisikofaktors durch Aktien-ETFs seit fast 20 Jahren in D und seit 30 Jahren in den USA.

    Deren Hype in den USA macht deren wirksame Absicherung mit unkorrelierten und ähnlich rentablen Anlagen allerdings dringend geboten. Denn Anleihen mit negativen Renditen taugen dazu sicher nicht mehr.

    Da ich wie auch der Finanzwesir bislang keine bessere Absicherungsstrategie kenne, bin ich gespannt, was hier noch dazu vorgeschlagen werden wird.

    Smarte Investor-Grüße
    Norbert

    1. Avatar von Wolfgang
      Wolfgang

      Grüß dich Norbert, vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar.

      Das Thema Absicherung des Portfolios ist durchaus ein wichtiges. Ich bleibe jedoch dabei, dass die Märkte (auch wenn die Irrationalität der Teilnehmer so sicher ist wie das Amen in der Kirche) im Wesentlichen unberechenbar sind. Wäre dem nicht so, hätten wir wahrscheinlich 2015 bereits den nächsten großen Crash gehabt. Stattdessen sehen wir tlws. exponentielles Kurswachstum in den letzten Wochen und Monaten und eine Geldflut der Zentralbank auf einem Nieveau, dass es so bislang nicht gegeben hat.

      Auf Basis historischer Gegebenheiten eine Strategie zu entwickeln, die in die Zukunft hinein mind. genau so gut funktioniert wie im historischen Test finde sehe ich als schwierig.

      Wenn wir schon bei Bogle sind, ist das nicht der zum Scheitern verurteilte Versuch den Markt zu schlagen und besser als der Durchschnitt zu sein? Insbesondere mit aktiven Long-/ Short-Strategien, die der Laie nicht mehr blickt?

      Ich bin mittlerweile zu einem echten Fan von John Bogle (Vanguard) und Howard Marks (Oaktree) mutiert. Nach Bogle geht es eigentlich nur darum Vertrauen in den Markt zu haben und auf der Basis den gesamten Kuchen so kosteneffizient wie möglich zu kaufen und halten. Nach Marks kommt die wichtige Frage hinzu: Überwiegt gerade das Risiko der entgangenen Opportunität (-> offensive Ausrichtung des Portfolios) oder das Risiko des permanenten Kapitalverlusts (-> defensive Ausrichtung des Portfolios)? Komplexer als das muss es gar nicht sein, wenn du mich fragst. Damit überholt man bereits 90% der Marktteilnehmer.

  5. Avatar von Wolfram
    Wolfram

    Macht man aus Bedenken nur noch Tagesgeld oder Anleihen hat man -1,5 bis -2% garantiert. Wenn man nur noch 5 Jahre vom Ruhestand entfernt ist sollte man ggf. die Aktienquote runterfahren soweit das Geld existenziell ist. Hat man Kinder ist es fast egal, dann geht es zur Not mit ihnen wieder bergauf. Zuviel Nachdenken kann auch schädlich sein.

  6. Avatar von MrAktie

    Hallo Wolfgang,
    ein wertvoller Artikel mit vielen inspirierenden Einblicken … also ich mache „buy and hold“ … und kaufe beizeiten nach … und generell zum Verkauf … die Frage kaufen oder verkaufen stellt sich bei langfristigen Aktionären nicht … sie bleiben dem Unternehmen verbunden … auch in schlechten Zeiten … wer verkauft hat seine Hausaufgaben vorher nicht gemacht …. Aktien für immer … Krisen passieren … dazu ist die Welt insgesamt mittlerweile zu sehr miteinander verwoben und dementsprechend „dünnhäutig“ …fragil …. da helfen nur solide Informationen wie beispielsweise die langfristige Entwicklung von Dividenden Z.B beim DAX … das hilft bei der (vorherigen) Einschätzung einer Aktie …
    Schöne Grüße
    Uwe

    1. Avatar von Wolfgang
      Wolfgang

      Hi Uwe, danke für den Kommentar. Wie ich verfolgst du insbesondere auch eine Dividendenstrategie? Magst du vielleicht auch kurz etwas dazu sagen, wie du mit Unternehmen umgehst, die ihre Dividenden zuletzt um tlws. 75-100% gekürzt haben und ggf. min. 3-5 Jahre wieder brauchen um auf das letzte Hoch zu kommen?

  7. Avatar von MrAktie

    Hallo Wolfgang,
    ich analysiere ein Unternehmen ganz genau und investieren nur in essen, trinken, Tabak und Körperpflege. Ich habe übrigens Kraft Heinz zu 60 Euro gekauft und sitze die Dividendenkürzung und Aktienkursverluste in aller Ruhe aus. Ich weiss, dass dieses Unternehmen mit seinen tollen Marken lediglich unter einem schlechten Management gelitten hat. Ich besitze lediglich 7 Aktien, aber die kenne ich ganz genau. Fühle mich als Mitbesitzer.
    Schöne Grüße
    Uwe

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